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Pflegeversicherung

Beantragung eines Pflegegrads

Ein Pflegegrad kann bei der zuständigen Krankenkasse beantragt werden. Meist stehen die Anträge bereits online zum Download zur Verfügung. Ansonsten lassen sich diese über die Krankenkasse anfordern (“Antrag auf einen Pflegegrad”).

Zur Beantragung eines Pflegegrads ist eine Diagnose erforderlich. Diese finden Sie in unseren Arztbriefen unter dem MBS-Schema. Die Krankenkasse beauftragt dann den MD (Medizinischen Dienst) zur Begutachtung des Patienten. Dies erfolgt in einem Hausbesuch. Der Besuch wird vom Medizinischen Dienst in der Regel schriftlich mitgeteilt.

Der Antrag auf Pflegeleistungen kann nicht rückwirkend gestellt werden. Die Leistungen werden erst ab dem Antragsdatum gezahlt. Die Krankenkassen haben eine gesetzliche Frist von 5 Wochen von Antragseingang bis zum Vorliegen des Gutachtens. Normalerweise wird dann auch sofort das Pflegegeld (ab Pflegegrad 2) ab Antragsdatum überwiesen.

Pflegegrad-Rechner

Eine erste Selbsteinschätzung ist über Pflegegradrechner im Internet möglich, z.B. über:

Die Begutachtung

Nachdem Sie einen Antrag auf einen Pflegegrad bei der Krankenkasse gestellt haben, erhalten Sie vom Medizinischen Dienst einen Brief mit einem Termin für die notwendige Begutachtung.

Die Begutachtung findet in der Regel in einem Hausbesuch statt. Der Gutachter des Medizinischen Dienstes möchte das Kind in diesem Besuch kennenlernen und seine Fähigkeiten einschätzen.

Das Kind muss bei diesem Besuch anwesend sein.

Sie erhalten kurze Zeit später ein ausführliches Pflegegutachten mit der Bewertung der Selbständigkeit in den einzelnen Modulen.

Je nach Gesamtpunktzahl ergibt sich dann der Pflegegrad:

Pflegegrad

Für den Besuch des Gutachters sollten Sie folgende Unterlagen bereitlegen:

  • Gelbes Vorsorgeheft
  • Aktuelle Arztbriefe (KiNZ, Krankenhaus, Reha, Therapien, sonstige wichtige Arztbriefe…)
  • Derzeitige Medikamente (regelmäßig und bei Bedarf)
  • Berichte von betreuenden Diensten (Frühförderung, Kindergarten etc.)
  • Namen und Adressen von behandelnden Ärzten und Therapeuten
  • Pflegetagebücher oder vergleichbare eigene Aufzeichnungen
  • Gutachten und Bescheide anderer Sozialleistungsträger (soweit sie für die Begutachtung erforderlich sind) – z.B. Bescheide über Schwerbehinderung/Schwerbehindertenausweis
  • Liste mit verwendeten Hilfsmitteln (auch diejenigen, die nicht vom Arzt verordnet wurden)

Module der Begutachtung

Der MD prüft im Hausbesuch die Selbständigkeit in den folgenden Modulen:

Module der Begutachtung
Quelle: Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS)
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Hinweise zur Einschätzung: Der Grad der Selbstständigkeit

Der Gutachter prüft in den Modulen der Begutachtung, wie selbstständig der Patient in den jeweiligen Unterkategorien (schon) ist. Als Unterstützung wird jede Form der personellen Hilfe angerechnet. Dabei gilt bereits die Anleitung in der Tätigkeit oder auch wiederholte Aufforderung zur Weiterführung der Tätigkeit, z.B. wenn das Kind schnell abgelenkt ist als personelle Hilfe. Nicht angerechnet wird hingegen, wenn das Kind mit Hilfe von z.B. Stoppuhren/Timer oder Tätigkeitstafeln die Aktivität selbstständig ausführen kann. Bei Kindern gilt die Besonderheit, dass der Pflegebedarf immer nur dann angerechnet wird, wenn dieser einen Unterschied zu anderen Kindern im gleichen Alter ohne Beeinträchtigungen darstellt. Da alle Kinder im Alter von bis zu 3 Jahren in der Regel noch gewickelt werden, stellt dies z.B. keinen Mehraufwand dar. Ein Kind, was z.B. mit 6 Jahren noch immer auf eine Windel angewiesen ist, stellt hingegen eine Besonderheit dar und gilt als Pflegebedarf.

Der Gutachter bedient sich folgender Grundlagen bei der Einschätzung:

Selbständig gilt der Patient, wenn die Durchführung der Tätigkeit

  • erschwert oder verlangsamt erfolgt
  • Hilfs- oder Pflegemittel genutzt werden müssen
  • Entscheidend bei einem Kind ist, dass es keine personelle Hilfe benötigt.

Überwiegend Selbstständig gilt der Patient, wenn der Patient selbst die größten Anteile der Aktivität selbständig übernehmen kann.

  • Die Pflegeperson hat einen geringen Aufwand in der Unterstützung
  • Hilfestellungen in Form von z.B.:
  • Zurechtlegen oder Richten von Gegenständen
  • Wiederholte Aufforderungen und Anleitungen zur Durchführung der Aktion
  • Punktuelle Übernahme von Teilhandlungen durch Pflegeperson
  • Aufforderung (ggf. auch mehrfach)
  • Hilfe bei der Entscheidungsfindung
  • Partielle Beaufsichtigung und Kontrolle
  • Anwesenheit aus Sicherheitsgründen (z.B. Sturzgefahr, Krampfanfälle)

Überwiegend unselbständig gilt der Patient, wenn eine Beteiligung an der Aktivität zwar möglich ist, aber dies nur zu einem geringen Anteil erfolgen kann.

  • Wesentliche Teilschritte der Aktivität müssen von der Pflegeperson übernommen werden
  • Zurechtlegen von Gegenständen, wiederholte Aufforderungen oder punktuelle Unterstützung reichen nicht aus
  • Hilfestellung in Form von:
  • Ständiger Anleitung (Handlung muss vorgemacht oder lenkend begleitet werden, z.B. Kind ist motorisch zur Aktivität in der Lage, aber kann sinnvollen Ablauf nicht einhalten)
  • Ständige Motivation
  • Ständige Beaufsichtigung und Kontrolle (ständige und unmittelbare Eingreifbereitschaft ist notwendig)
  • Übernahme von Teilhandlungen (erheblicher Teil muss von Pflegeperson übernommen werden)

Unselbständig gilt ein Patient, der die Aktivität in der Regel nicht durchführen kann, auch nicht in Anteilen. Die Pflegeperson muss also fast alle Teilhandlungen für den Patienten übernehmen. Auch ständige Motivation, Anleitung und Beaufsichtigung reichen nicht aus, dass der Patient zur Ausführung unterstützt wird.

Zudem gibt es erschwerende Bedingungen in der Pflege, z.B.:

  • Zeitliche Schwankungen der Selbstständigkeit (z.B. tagesformabhängig oder tageszeitabhängig, andere Gründe für Schwankungen (z.B. Medikation))
  • Die Pflege erschwerende Bedingungen:
  • Verhaltensbezogene Erschwernisse:
  • Abwehrverhalten oder fehlende Kooperation (z.B. bei geistiger Behinderung oder psychischen Erkrankungen)
  • Aggression
  • Häufige Schreiattacken
  • Große Ängste /Unsicherheit
  • Erziehung zur Selbstständigkeit
  • Körperliche Erschwernisse
  • Eingeschränktes Sprachverständnis
  • Schluckstörungen oder Störungen der Mundbewegungen, Atemstörungen
  • Motorische Unruhe
  • Erhebliche Störung der Feinmotorik
  • Erhebliche Störung der Grobmotorik
  • Häufige Krampfanfälle
  • Verkrampfungen oder Spasmen der Muskulatur (z.B. bei Lähmungen)
  • Angeborene oder erworbene Fehlstellungen von Armen und Beinen
  • Wahrnehmungsstörung des Sehens oder Hörens
  • Starke Einschränkungen anderer Sinnesleistungen (Gleichgewicht, Fühlen, Tasten)
  • Eingeschränkte Belastbarkeit (z.B. Atemnot aufgrund eines Herzfehlers)
  • Starke, nicht therapierbare Schmerzen
  • Einsatz von Hilfsmitteln
  • Zeitaufwendiger Hilfsmitteleinsatz (z.B. fahrbare Lifter)
  • Erschwernisse durch das Wohnumfeld
  • Räumliche Verhältnisse, die die Pflege erschweren (Wohnsituation)

Quellenangabe: Vgl.: Medizinischer Dienst des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen e.V: (MDS) und GKV-Spitzenverband (Hrsg.): Richtlinien des GKV-Spitzenverbandes zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit nach dem XI. Buch des Sozialgesetzbuches, August 2016

Ausführliche Informationen zur Pflegebegutachtung finden Sie auch auf den Seiten des Medizinischen Dienstes:

Pflegetagebuch

Hier finden Sie ein kurzes Pflegetagebuch, auf welchem Sie den Pflegebedarf im Detail überprüfen können:

Wissenswertes nach der Begutachtung

Wiederholungsbegutachtung:

Ein Pflegegrad wird in der Regel zeitlich befristet zugeteilt, um der kindlichen Entwicklung gerecht zu werden.

In der Regel wird im Gutachten des MD ein Zeitraum für eine Wiederholungsbegutachtung empfohlen. Da Kinder sich stetig weiterentwickeln und mit zunehmendem Alter selbstständiger werden sollten, kann sich im Laufe der Entwicklung auch der Pflegegrad verändern. Daher empfehlen wir Ihnen als Bezugsperson des Kindes auch unabhängig von der Empfehlung für die Wiederholungbegutachtung durch den MD immer wieder den Vergleich zu anderen altersgerecht entwickelten Kindern zu führen. Sollten Sie hier eine Vergrößerung des Abstandes zu den Fähigkeiten anderer Kinder wahrnehmen, haben Sie jederzeit das Recht einen Antrag auf Höherstufung des Pflegegrads zu stellen.

Im Internet finden Sie Unterstützung in Form von Pflegegrad-Rechnern, die Ihnen eine grobe Einschätzung des Pflegebedarfs orientiert am Alter des Kindes bieten. So z.B. unter:

Erfahrungsgemäß haben Kinder in folgenden Altersabschnitten umfassende Entwicklungsschritte, die möglicherweise eine Neu-Einschätzung des Pflegebedarfs nötig machen:

Mit

  • 18 Monaten
  • 1 Jahr 8 Monaten
  • 2 Jahre
  • dann alle halbe Jahre bis 7 Jahre
  • 8 Jahre
  • 10 Jahre
  • 11 Jahre
  • 18 Jahre


Beratungsbesuche zur Sicherstellung der Pflege

Als kleine „Zwischen-Begutachtungen“ sind ab Pflegegrad 2 „Beratungsbesuche zur Sicherstellung der Pflege“ verpflichtend. Diese erfolgen nicht durch den MD, sondern durch ambulante (Kinder-)Pflegedienste. Bei Pflegegrad 1 kann ein halbjährlicher Beratungsbesuch auf eigenen Wunsch erfolgen. Bei Pflegegrad 2 und 3 sind halbjährliche Beratungsbesuche verpflichtend. Bei Pflegegrad 4 und 5 müssen diese Beratungsbesuche sogar im vierteljährlichen Abstand erfolgen.

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